Am 27.12.2022 rockten Kissin‘ Dynamite die Tonhalle München. Mit dabei: League Of Distortion, Formosa und Dynazty!
Wenn es bei einem Konzert VIP-Tickets gibt, die Early Entry beinhalten, ist das natürlich sehr ärgerlich für alle Fans, welche früh kommen, um einen Platz in der ersten Reihe zu ergattern. Aber wenigstens kann man sich bereits vorher darauf einstellen. Doch wenn man, nachdem man mehrere Stunden gewartet hatte, kurz vor Einlass erfährt, dass der Fanclub unangekündigt früher rein darf, ist das natürlich ganz besonders ärgerlich. Genauso war es beim Kissin‘ Dynamite-Konzert in München. Hier wurden die treuen Fans, die vielleicht nicht in der Lage sind, den hohen Mitgliedsbeitrag zu bezahlen, benachteiligt und an den Rand der ersten Reihe oder nach hinten verdrängt. Nicht sehr fanfreundlich. Aber ändern ließ es sich natürlich auch nicht.
League Of Distortion
Relativ kurz nach Einlass ging es dann auch schon los. Den Anfang machten League of Distortion, die erst kurz zuvor dazugebucht wurden. Kaum hatten die Modern Metaller ihre Show begonnen, fragten sich auch schon die meisten Zuschauer, wieso. Die Musik der Band um Frontfrau Anna Brunner war zwar keineswegs schlecht, allerdings passten sie einfach überhaupt nicht zu den anderen Bands des Abends.
Hier war wohl die Tatsache ausschlaggebend, dass Kissin‘ Dynamite-Gitarrist Jim Müller ebenfalls Mitglied bei League of Distortion ist. Doch weil Jim nicht zwei Shows an einem Abend spielen wollte, hatte sich die Band einen Ersatzgitarristen gesucht. Auch der Originalschlagzeuger war heute wegen einer Verletzung nicht am Start und wurde durch einen Gast vertreten. Doch dies bemerkte man überhaupt nicht, denn die beiden Vertretungen machten ihre Sache gut. Und trotz des wenig passenden Stils konnten sich League of Distortion am Ende mit eingängigen Stücken wie „Rebel by Choice“ oder „L.O.D.“ einen verdienten Applaus erspielen.
Formosa
Weiter ging es mit Formosa. Hier gab es klassischen Hard Rock zu hören, der jeden Kissin‘ Dynamite-Fan zum Strahlen brachte. Frontmann Nik Bird lebte offensichtlich in seiner ganz eigenen Welt und das passte einfach perfekt zur Musik. Songs wie „Dynamite“ ließen die Hard Rocker-Herzen höherschlagen. Humor durfte bei „Fuck Up Your Liver“ auch nicht fehlen, während bei „Sold My Soul“ die Seelen der Band an den Rock‘n‘Roll verkauft wurden. Sehr stark!
Zwischenzeitlich verließ Nik Bird kurzzeitig die Bühne, nur um in einem schwarzen Federmantel wieder zurückzukehren. Den Ruf eines Fans „Ich will eine Feder von dir“ ließ er daraufhin auch nicht ungehört, und riss sich eine Feder aus, die er ihm überreichte. Mit „Bad Boys“, der live viel besser funktionierte, als im Studio ging dann eine tolle Show zu Ende.
Dynazty
Die dritte Band des Abends waren Dynazty. Und auf das Spektakel, was nur folgte, war vermutlich kaum jemand vorbereitet. Mit „In the Arms of a Devil“ legten die schwedischen Power Metaller bei perfektem Sound los. Der eingängige Refrain packte das Publikum sofort.
Frontmann Nils Molin, den einige vielleicht von Amaranthe kennen, jedoch hier bei seiner Hauptband noch viel mehr überzeugen konnte, konnte alle Register seiner hohen, aber kraftvollen Stimme zeigen. Das atmosphärische „Firesign“ konnte hier nochmal eine Nummer draufsetzen. Auch das leicht elektronisch angehauchte „Natural Born Killer“, das auch bei Amaranthe nicht fehl am Platz wäre, konnte voll überzeugen.
Doch der absolute Höhepunkt der Show folgte mit dem grandiosen „Waterfall“, dessen emotionaler Refrain über allem schwebte. Doch auch die beeindruckenden Soli der beiden Gitarristen Love Magnusson und Mike Lavér sorgten für Staunen bei den Münchener Fans.
Bei so vielen tollen Songs war es dann leider völlig unverständlich, warum die Band wertvolle Spielzeit mit einem Drum Solo verschwendete, anstatt ein weiteres Lied zu spielen. Doch das war mit dem folgenden, leicht progressiven „Presence of Mind“ schnell wieder vergessen.
Nach einer viel zu kurzen Stunde ging es dann mit „The Human Paradox“ nochmal mit einem weiteren Höhepunkt zu Ende und Dynazty ließen das Münchner Publikum atemlos zurück. Das war eine der besten Shows des Jahres und man fragte sich, warum diese Band nicht viel größer ist. Hier muss dringend eine eigene Headlinershow her!
Kissin’’ Dynamite
Doch Headliner waren heute Abend Kissin’’ Dynamite. Und viele fragten sich, ob es den Stuttgartern möglich war, die Hammershow von Dynazty noch zu toppen. Los ging es dann mit „No One Dies a Virgin“ vom neuen Album „Not the End of the Road“. Die Band war bestens eingespielt, und Sänger Hannes Braun hervorragend bei Stimme.
Weiter ging es mit den ebenfalls recht neuen „I‘ve Got the Fire“. Doch leider zeigte sich recht schnell, dass diese neuen Stücke, trotz ihrer hohen Qualität im Studio live einfach nicht überzeugen konnten. Doch der folgende Klassiker „Sex Is War“ änderte das schlagartig. Hier wurde mitgesungen, gesprungen und gefeiert. So muss eine Kissin‘ Dynamite-Show klingen. Das noch ältere „Love Me Hate Me“ machte genau da weiter.
Leider fokussierte sich die Band im folgenden Teil der Show verstärkt auf das neue Album. „Only the Dead“ oder „What Goes Up“ sind zwar sehr gute Songs, zünden aber irgendwie auf der Bühne nicht. Anders war das bei der sehr emotionalen Ballade „Scars“, bei der sich Hannes Braun an ein Klavier setzte. Sehr starke Performance!
Der Charakter der Show änderte sich nun deutlich, denn die Band begann, endlich die alten Hits zu spielen. Los ging es mit „I Will Be King“, bei dem sich Hannes Braun auf einen großen Thron oben auf der Bühne über dem Schlagzeug setzte. Dieser Song wurde wegen seiner immer wiederholten Textzeile „Hail, hail, hail to the king“ besonders begeistert vom Publikum mitgesungen. Auch das anschließende „DNA“ animierte zum Mitmachen und hier wurde fast pausenlos gesprungen.
Nun wartete eine große Überraschung auf die Fans. Denn aufgrund vieler Bitten an die Band, hatten sich Kissin‘ Dynamite entschlossen, „Six Feet Under“ wieder in das Set aufzunehmen. Und das war eine fantastische Idee. Denn die sehr humorvolle Ballade über den Tod wurde zum absoluten Höhepunkt der Show. Der Gesang wurde teilweise komplett vom Publikum übernommen, und Hannes Braun hörte ergriffen zu.
Zu diesem Zeitpunkt hatten Kissin‘ Dynamite trotz des schwachen Beginns fast das Niveau von Dynazty erreicht. Daran konnte auch das neuere „You‘re Not Alone“ nichts mehr ändern. Das letzte Stück des regulären Sets bildete dann der Titeltrack des neuen Albums „Not the End of the Road“, was einen tollen Abschluss darstellte. Doch wie erwartet, forderten die Fans eine Zugabe.
Und das ließen sich Kissin‘ Dynamite nicht zweimal sagen. Mit „Coming Home“, das im Studio einen der besten Stücke des neuen Albums darstellte, kehrten sie wieder zurück. Es ließ sich nicht rational erklären, aber zündete ähnlich wie die meisten anderen neuen Stücke live überhaupt nicht, und so konnte die Band die Stimmung von zuvor nicht mehr halten. Doch zum Glück hatten sie mit ihrem üblichen Abschlusssong „Flying Colors“ noch ein etwas älteres Stück im Programm, das am Ende deutlich in die Länge gezogen wurde. Der „Ohohoho“-Part wurde auch ein letztes Mal noch begeistert mitgesungen, bevor sich die Band endgültig von den Fans verabschiedete.
So ging ein toller Abend zu Ende, der mit tollen Vorbands (besonders Dynazty) begonnen hatte und mit einer weniger auf das neue Album fixierten Setlist des Headliners noch besser hätte werden können.
Bilder des Abends:
Bericht: Raphael