Gerade in Zeiten, in denen viele Metalbands in immer größeren Hallen auftreten und die Shows immer größer werden, stellt sich die Frage, wie viel Show darf sein, damit es noch echt wirkt? Bzw. ab wann geht die Atmosphäre der Musik verloren?
Eine der Bands, die besonders auf Show setzen, sind die Norweger Dimmu Borgir. Auf ihrer aktuellen Tour hatten sie sich mit den völlig anders ausgerichteten Amorphis zusammengetan und machten natürlich auch in München Station.
Wolves In The Throne Room
Als Support hatten sie sich die Atmospheric Black Metaller von Wolves in the Throne Room dazugeholt. Wie das Genre verriet, setzten die Musiker komplett auf Atmosphäre. Fast vollständig in Nebel gehüllt, zündeten Songs wie der Opener „Born From the Serpent‘s Eye“ sofort. Egal ob schneller Blastbeat-Part, oder ruhiges Zwischenspiel, Wolves In The Throne Room ließen ausschließlich die Musik sprechen und verzichteten komplett auf jegliche Showelemente und größtenteils auch auf Ansagen.
Wobei auch nicht viel Zeit dafür blieb, denn die Band schaffte es, die komplette Spielzeit von 45 Minuten mit nur drei Songs zu füllen. Besonders hängen blieb dabei das 18-minütige Schlussstück „I Will Lay Down My Bones Among the Rocks and Stones“, welches wirklich alle Qualitäten des Black Metal in sich vereinte. Ein Meisterwerk! Genau so und nicht anders muss Black Metal klingen!
Amorphis
Weiter ging es dann mit Amorphis. Hier wurde musikalisch etwas völlig anderes geboten. Mit ihrem hochmelodischen Progressive Melodic Death Metal versuchten die sechs Finnen um Frontmann Tomi Joutsen das Publikum von sich zu überzeugen. Und das gelang bereits mit „The Bee“ hervorragend. Das melancholische „Heart of the Giant“ konnte sogar direkt noch eine Schippe drauflegen. Der perfekte Sound tat sein übriges, sodass die Fans durchgehehnd begeistert mitwirkten. Sei es durch kräftiges Mitsingen wie beim eingängigen „Bad Blood“ oder dem tosenden Applaus zwischen den Stücken.
Mit „Silver Bride“ kam dann zur großen Freude der Fans auch schon der erste Hit. Weiter ging es dann mit dem 26 Jahre alten, sehr düsteren „Into Hiding“. Nun hatten Amorphis sich etwas besonderes ausgedacht, um auch mal ein paar selten gespielte Stücke auf die Bühne zu bringen. Und so gab es dann das folkige „Against Widows“ und das eher langsame „Sampo“ zu hören.
Tomi Joutsen bezog das Publikum viel mit ein und trat generell sehr fannah auf, was die ohnehin schon äußerst sympathische Band noch freundlicher aussehen ließ. Gerade bei „The Golden Elk“ und anderen neuen Stücken sah man der Band richtig den Spaß an der Musik an. Gegen Ende der Show spielten Amorphis noch das sehr alte „Sign From the North Side“, dass sich im Vorfeld viele Fans gewünscht hatten.
Doch nun läutete der bekannteste Song „House of Sleep“, bei dem das Publikum sogar mehrere Zeile alleine singen durfte, das Ende der Show ein. Mit dem Klassiker „Black Winter Day“ verabschiedeten sich Amorphis vom begeisterten Münchner Publikum.
Doch nicht nur für Amorphis war es Zeit zu gehen. Gefühlt die halbe erste Reihe tauschte sich vor Dimmu Borgir aus und man hatte das Gefühl, dass sich die Halle deutlich leerte. Es ist eben nicht immer eine gute Entscheidung, wenn so extrem unterschiedliche Bands zusammen touren.
Dimmu Borgir
In der Zwischenzeit wurde die Bühne aufwendig mit verschiedensten „bösen“ Symbolen wie Pentagrammen oder Schädeln mit Hörnern dekoriert.
Als Dimmu Borgir die Bühne betraten, konnte man gleich sehen, dass die Musiker ebenso aufwendig gekleidet waren. Lange schwarze, metallbehängte Mäntel und Corpsepaint prägten das Erscheinungsbild. Das sprach für eine höchst atmosphärische Show.
Doch leider war das Gegenteil der Fall. Schnell wurde klar, dass hier alle Musiker außer Frontmann Shagrath völlig austauschbar erschienen und größtenteils unbeweglich auf der Bühne standen. Auch trat die komplette Bandbesetzung vor dem vom Band kommenden (und leider auch nicht so gut hörbaren) Orchester in den Hintergrund.
Mehr als begleitende Akkorde gab es selten zu hören. Gelegentlich blitzte mal kurz ein interessantes Riff durch, aber das war es dann auch schon. Zudem agierte Sänger Shagrath völlig unpassend zur Musik. Er trat auf wie ein Rockstar und ignorierte völlig die (dennoch vorhandene) Düsternis der Musik. So ging jegliche aus der Black Metal-Musik vielleicht noch vorhandene Atmosphäre in seiner Show verloren.
Der Höhepunkt der Künstlichkeit war aber ein Fußschalter, mit dem er sich auf Knopfdruck in Nebel hüllen konnte. Das ist nun wirklich kein Black Metal mehr. Egal, wie die Musik vielleicht noch klingen mochte. Glücklicherweise war der Spuk dann nach gut einer Stunde auch schon wieder vorbei.
Im direkten Vergleich mit der ersten Band konnte man sehen, dass man keine große Show braucht, um Atmosphäre zu erzeugen. Vielleicht sollten sich Dimmu Borgir daran ein Beispiel nehmen und sich wieder mehr auf die Musik konzentrieren. Die ist nämlich keineswegs schlecht! Trotzdem hatte dieser Abend mit Wolves in the Throne Room und Amorphis zwei hervorragende Bands zu bieten, sodass man den Totalausfall am Ende recht gut verschmerzen konnte.
Weitere Bilder des Abends:
Bericht: Raphael
Fotos: Yvonne Schwarzbauer