Nicht viele Bands können von sich behaupten, auf eine mehr als 50-jährige Karriere zurückblicken zu können, und noch lange nicht ans aufhören zu denken. Die Scorpions gehören definitiv dazu. Im letzten Jahr veröffentlichten sie ihr 19. Studioalbum „Rock Believer“ und gingen nun mit diesem Album auf Tour.
Thundermother
Mit dabei waren die vier Schwedinnen von Thundermother. Spannend hierbei war, dass vor kurzem erst alle Bandmitglieder bis auf Gitarristin Filippa Nässil wechselten. Besonders die Performance der neuen Sängerin Linnéa Vikström wurde mit Spannung erwartet.
Und gleich der Opener „Loud and Free“ zeigte, dass die Hard Rocker mit ihr einen absoluten Glücksgriff gelandet hatten. Denn Linnéa übertraf ihre Vorgängerin um Längen. Besonders die hohen Töne traf sie perfekt. Obwohl die Band sehr gut und mit viel Energie performte, hielt sich das bereits recht zahlreich vorhandene Publikum noch etwas zurück.
Erst das Motörhead-artige „Into the Mud“ konnte die Fans ein wenig zum Mitmachen bewegen. Besonders toll war das sehr melodische, etwas melancholische „I Don‘t Know You“, welches mit mehrstimmigem Gesang punkten konnte. Gegen Ende der Show heizte Linnéa dann das Publikum ordentlich an, um sie auf die Scorpions vorzubereiten. Das energiereiche „Driving in Style“ beendete dann die Show. Die Zuschauer verabschiedeten Thundermother mit verdientem Applaus.
Scorpions
Doch nun war es an der Zeit für die legendären Scorpions. Nach einer halben Stunde Umbauzeit hinter einem großen schwarzen Vorhang mit dem Bandlogo, legte die Band ohne Intro direkt mit „Gas in the Tank“ vom neuen Album los. Nach kurzer Zeit fiel der Vorhang, der einen zweiten mit der Aufschrift „Are You Ready To Rock?“ zutage förderte. Nachdem diese Frage mit viel Jubel beantwortet wurde, wurde auch der zweite Vorhang fallen gelassen, und gab den Blick auf die Band frei. Trotz des hohen Alters der Bandmitglieder (Frontmann Klaus Meine feierte vorletzte Woche seinen 75. Geburtstag) waren alle fünf hervorragend aufgelegt.
Mit dem Klassiker „Make It Real“ ging es genauso stark weiter. Besonders gut kam auch „The Zoo“ an, bei dem Lead-Gitarrist Matthias Jabs ein (stark verlängertes) tolles Talkbox-unterstütztes Solo ablieferte. Beeindruckende Soli sowohl von Matthias, als auch von Rhythmus-Gitarrist Rudolf Schenker gab es dann auch beim Instrumental „Coast to Coast“ zu hören, bei dem Klaus Meine ebenfalls zur Gitarre griff. Auch optisch war einiges geboten, denn die drei großen Leinwände im Hintergrund zeigte nicht nur die Musiker, sondern auch viele fantastische Animationen.
Von riesigen Skorpionen bis hin zu brennenden Motoren war hier einiges zu sehen. Anschließend gab es eine tolle Kombination aus neuen Stücken („Peacemaker“) und Klassikern wie „Bad Boys Running Wild“. Bei letzterem wurde der Songtitel von den Fans begeistert mitgesungen. Gänsehautatmosphäre gab es dann bei der wunderschönen Ballade „Send Me an Angel“ bei dem die ganze Halle im Licht vieler Feuerzeuge und Handylampen erstrahlte. Ebenfalls nicht fehlen durfte einer der wohl bekanntesten Songs der Band, „Wind of Change“, der in einer textlich leicht veränderten, und den Menschen in der Ukraine gewidmeten Version vorgetragen wurde. Der Refrain wurde vollständig vom Publikum gesungen. Auf der Leinwand war dabei eine Animation einer sich langsam in Friedenstauben auflösenden Mauer zu sehen, bevor mehrere große Peacezeichen in den Landesfarben der Ukraine gezeugt wurden. Ein starkes Zeichen!
Später wurde natürlich noch der Titeltrack des neuen Albums „Rock Believer“ gespielt. Als Nächstes wurden dann die vorher eher im Hintergrund agierenden Paweł Mąciwoda (Bass) und Mikkey Dee (Schlagzeug) mit einem gemeinsamen Solo in den Vordergrund gestellt, bevor Pawel die Bühne dann komplett an Mikkey übergab, der mit seinen unglaublichen Fähigkeiten am Schlagzeug glänzen konnte. Nicht umsonst spielte er über 20 Jahre bei Motörhead. Doch nun war es an der Zeit für die ganz großen Klassiker. „Blackout“ tönte als härtester Song des Abends beeindruckend laut aus den Boxen. Fantastisch.
Nach „Big City Nights“ verabschiedeten sich die Scorpions dann vorerst vom Münchener Publikum, nur Mikkey Dee drehte noch ein paar Runden, und heizte das Publikum zu großen Jubel an, bevor auch er schließlich hinter der Bühne verschwand. Doch die anhaltenden Zugaberufe blieben nicht lange unbeantwortet, und Rudolf Schenker, Matthias Jabs und Klaus Meine kehrten auf die Bühne zurück, um das wunderschöne Intro von „Still Loving You“ zu spielen. Doch leider konnten sich die drei offenbar anfangs gegenseitig nicht hören, denn der Beginn schien ein wenig aus dem Takt zu sein. Zum Glück war das durch den Einstieg von Bass und Schlagzeug schnell gelöst, sodass die Ballade ohne weitere Beeinträchtigungen ihre volle Wirkung entfalten konnte.
Die Frage, womit das Konzert einer Band enden sollte, die einen der größten Rockklassiker überhaupt in ihrem Repertoire hat, stellte sich gar nicht erst. Nichts anderes als „Rock You Like a Hurricane“ konnte die Show der Scorpions beenden. Genau so war es auch. Band und Publikum gaben nochmal wirklich alles, bevor es dann endgültig vorbei war.
Erschöpft und glücklich verließen die Münchener Fans nun die Halle. Wenn eine Band nach über 50 Jahren noch so gut performen kann, braucht man sich keine Sorgen zu machen. Das war bestimmt nicht das letzte Konzert hier in München. Die nächsten 50 Jahre können kommen!
Weitere Bilder des Abends:
Bericht: Raphael
Photos: Thomas (The Discovered Land)