Manchmal fragt man sich wirklich, wo die Münchener Metalfans abgeblieben sind. So wie am 17.10.2022. Es ist schon etwas befremdlich, wenn man bei einem Konzert einer Top-Band wie Cradle Of Filth nach Einlass mehrere Minuten alleine in der ersten Reihe steht.
In der folgenden Wartezeit wurde es auch erstmal nicht viel voller. Dafür stieg die Vorfreude umso mehr.
Naraka
Doch leider sollte es nicht besonders gut losgehen. Als erstes waren Naraka an der Reihe. Das französische Quartett spielte ziemlich langweiligen Metalcore. Die Songs klangen alle sehr ähnlich. Immerhin wurden die monotonen Riffs ab und zu durch ein paar Melodien abgewechselt. Doch aufgrund des schlechten Sounds war leider nicht viel davon zu hören. Aufhorchen ließen nur ein paar Momente, in denen Sänger Théodore Rondeau seine Growls durch ein wenig Klargesang ablöste. Trotzdem waren die meisten Fans froh, als es nach einer halben Stunde vorbei war. Positiv war jedoch, dass inzwischen deutlich mehr Leute da waren.
Alcest
Was nun folgte, war von ganz anderem Kaliber. Denn die ebenfalls französische Band Alcest präsentierte einen völlig eigenständigen Stil. Atmosphärische, oft ruhige oder akustische Melodien trafen auf schnellen Black Metal. Doch das Besondere war der Gesang. Denn obwohl ab und zu auch Screams zu hören waren, sang Gitarrist/Sänger Neige fast ausschließlich klar. Oft wurde er dabei von Live-Gitarrist Zero unterstützt, sodass über der atmosphärischen Musik der zweistimmige Gesang schwebte und eine einzigartige Atmosphäre erzeugte. Zwischendrin gab es sehr sympathische Ansagen. Obwohl die Songs teilweise bis zu 9 Minuten lang waren, kam zu keinem Zeitpunkt Langeweile auf. Nach knapp einer Stunde war es dann leider schon vorbei. Sehr stark! Hoffentlich kann man diese Band bald mal als Headliner sehen.
Cradle Of Filth
Doch Headliner dieses Abends waren Cradle Of Filth. Bevor es losging wurde in der Umbauphase der beeindruckende Bühnenaufbau sichtbar. Obwohl das ziemlich cool war, hatte es einen großen Nachteil: denn direkt am vorderen Bühnenrand wurden mehrere wurzeldurchzogene Holzwände aufgestellt hinter denen Podeste platziert waren. Das hatte zur Folge, dass von der ersten Reihe aus der hintere Teil der Bühne fast überhaupt nicht zu sehen war. An den Seiten der Bühne waren überlebensgroße, schwarze Skelette platziert.
Während des Umbaus füllte sich die Location immer mehr, sodass es inzwischen recht gut gefüllt war. Als dann die ersten Klänge des neuen Songs „Existential Terror“ ertönten, wurde ein weiteres Problem deutlich: dadurch, dass das Drumset von Schlagzeuger Marthus hinter einer Plexiglaswand platziert war, kam zuerst kein wirklicher musikalischer Druck auf. Doch zum Glück war der charakteristische Gesang von Dani Filth sehr gut zu hören.
Gleich danach gab es eine erzwungene Pause aufgrund technischer Probleme mit dem Schlagzeug. Nachdem diese behoben waren, wurde auch der Sound mit jedem Song besser. Und spätestens bei „I Am The Thorn“ war die übliche Cradle Of Filth-Atmosphäre voll zu spüren. Die Gitarrenmelodien harmonierten perfekt mit Dani Filths Screams und dem Klargesang von Keyboarderin Zoe Marie Federoff.
Nun wechselten sich neue Songs („Crawling King Chaos“) und Klassiker wie „Nymphetamine Fix“ ab. Sehr stark! Besonders gut kam das eingängige „Us, Dark, Invincible“ beim Münchner Publikum an. Doch leider war es danach eigentlich schon vorbei. Und das, obwohl erst eine Stunde gespielt wurde. Zum Glück ließen sich Dani Filth und seine Band nicht lange bitten und kehrten für das sehr alte Stück „Desire In Violent Overture“ wieder auf die Bühne zurück. Nach dem weiteren neuen Song „Necromantic Fantasies“ kam dann der einzige Durchhänger der Show. Das extrem harte, überhaupt nicht zum Rest passende „Gilded Cunt“ hätten sich Cradle Of Filth auch sparen können. Als wirklich letzten Song gabe es dann noch ihren bekanntesten Song „Her Ghost In The Fog“. Damit war der schwache vorletzte Song sofort vergessen und die Show kam zu einem tollen Ende. Schade nur, dass kein einziger Song von den Meisterwerken „Darkly, Darkly, Venus Aversa“ und „Hammer Of the Witches “ gespielt wurde.
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Bericht: Raphael