Kaum zu glauben! Noch vor wenigen Jahren haben Ghost noch im kleinen Backstage gespielt. Doch in der Zwischenzeit ist die schwedische Band extrem gewachsen. Und spielte am 16.05.2022 in Münchens größter Indoor-Konzertlocation, der Olympiahalle.
Wie erwartet hatten sich schon mittags die ersten Fans vor dem Eingang versammelt. Die Zeit bis zum Einlass verstrich trotz kurzzeitigen Gewitters aber schnell.
Twin Temple
Pünktlich um 19:30 Uhr ging es dann auch schon los. Als erstes stand die amerikanische Band Twin Temple auf dem Programm. Zu einem atmosphärischen Intro betraten die Sängerin sowie der Gitarrist die Bühne und leiteten erstmal ein satanisches Ritual ein. Zum Einsatz kamen dabei ein Schädel und zwei Schwerter.
Noch vor dem ersten Song gab es eine flammende Ansprache gegen Sexismus, Rassismus und Transphobie. Doch als der erste Song „Sex Magic“ begann, waren viele überrascht. Denn anstatt Metal gab es hier eine Mischung aus Blues und Swing mit Saxophon und fantastischem Frauengesang zu hören! Obwohl ich es selbst (mangels Kenntnis ihrer Musik) nicht beurteilen kann, wurde die Band von anderen Zuschauern mit Amy Winehouse verglichen.
Weiter ging es ebenso toll mit „Let‘s Have A Satanic Orgy“. Auch wenn es etwas schade war, dass hier nicht die noch bessere, spanische Version gespielt wurde, sorgten Twin Temple für großen Jubel bei den Fans. Zwischendurch wurden dann Rosen ins Publikum geworfen. Weiter ging es mit dem fantastischen „Satan‘s A Woman“, welches ein virtuoses Saxophonsolo enthielt.
Leider folgte mit dem schwungvollen „I‘m Wicked“ auch schon der letzte Song, welcher durch ausschweifende Soli aller Bandmitglieder deutlich verlängert wurde. Zum live gespielten Outro wurde das Ritual durch die Sängerin beendet, währenddessen sie Blut trank und es anschließend per Kuss an den Gitarristen weitergab.
Ich habe selten eine so gute Vorband gesehen. Diese Band hat definitiv eine eigene Headlinershow verdient, denn diese 30 Minuten waren eigentlich viel zu kurz.
Uncle Acid & The Deadbeats
Als nächstes waren Uncle Acid & The Deadbeats an der Reihe. Im Gegensatz zur ersten Band gab es hier so gut wie keine Show. Die vier Briten konzentrierten sich voll auf ihre Musik. Und die hatte es in sich. Hier wurde schwerer Doom Metal im Stile von alten Black Sabbath geboten. Extrem eingängige Riffs trafen auf melodischen, oft zweistimmigen Gesang. Zu solcher Musik muss man einfach headbangen. Viel anderes machte die Band auch nicht, aber das war hier überhaupt nicht störend. Ab und zu gab es auch zweistimmige Gitarrenleads zu hören.
Nur schade, dass Uncle Acid & The Deadbeats bei den Münchner Fans längst nicht so gut ankamen wie noch Twin Temple kurz zuvor. Das heimliche Highlight der Band war aber der Bassist, welcher beinahe durchgehend, als Kontrast zu den genretypisch häufig wiederholten Riffs, virtuose Bassläufe zum besten gab.
Ghost
Während des doch relativ langen Umbaus vor dem Auftritt von Ghost, der, um die Spannung zu erhalten, hinter einem weißen Vorhang stattfand, machte sich leider eine nicht so schöne Tatsache bemerkbar. Auch wenn es unten im Innenraum richtig voll war, waren die Sitzplätze nicht einmal zur Hälfte gefüllt. Und das, obwohl ein großer Bereich der Sitzplätze mit einem schwarzen Tuch verhangen war, also gar nicht erst zu buchen war. Das zeigte, dass die Olympiahalle für Ghost eigentlich leider doch noch ein ganzes Stück zu groß war. Wer nun aber dachte, dass sich dies auf die Show von Ghost auch nur irgendwie negativ auswirken würde, wurde schnell eines besseren belehrt. Denn Ghost bewiesen eindrucksvoll, dass sie sehr wohl in die großen Hallen gehören.
Die ersten Töne von „Kaisarion“ ertönten, der Vorhang fiel und gab den Blick frei auf eine spektakuläre Bühne im Stil einer Steampunk-Kathedrale. Passend dazu hatten die Nameless Ghouls interessante futuristische Kostüme mit schwarzen Taucherhelmen auf. Sehr atmosphärisch. Doch als dann Frontmann Papa Emeritus IV auf die Bühne stürmte, ging ein Raunen durch die Menge.
Sofort war klar, dass es ein außergewöhnlicher Abend werden sollte. Ein kleines, aber nicht unwichtiges Detail war, dass die Band nicht nur von der Bekanntheit, sondern auch von der Zahl der Mitglieder gewachsen war. Mit mittlerweile 8 Ghouls plus Papa Emeritus IV konnten Ghost nun auf einen Schlagzeuger, einen Bassisten, zwei Keyboarder, drei Gitarristen und eine Percussionistin/Background-Sängerin zurückgreifen. Dadurch konnte die Band fast völlig auf Playback verzichten, denn selbst die opulenten Background-Chöre konnten nun live performt werden. Was man besonders bei neueren Songs wie „Mary On A Cross“ hören konnte, bei welchem Papa Emeritus IV im Refrain auch kräftig vom Publikum unterstützt wurde.
Beim instrumentalen „Devil Church“ duellierten sich die beiden Lead-Gitarristen von den Podesten an beiden Bühnenrändern aus. Zum Klassiker „Cirice“ kam Papa Emeritus IV dann mit Fledermausflügeln zurück auf die Bühne. Die Münchner Fans bejubelten sowohl alte Stücke wie „Ritual“ als auch neues, wie das eingängige „Spillways“ gleichermaßen.
Doch ein erster Höhepunkt wurde mit „Year Zero“ erreicht, bei welchem das „Hail Satan“ im Refrain vollständig vom Publikum übernommen wurde. Zum Schluss des Stückes wurde die Bühne von mächtigen Flammenwerfern erhellt. Ein wahrhaft imposanter Anblick.
Im Anschluss daran folgte jedoch eine nicht so tolle Überraschung. Die Band verließ die Bühne und das Licht ging an. Als sich auch nach mehreren Minuten noch nichts tat, machte sich Unmut im Publikum breit. Einige vermuteten sogar, die Show sei bereits zu Ende. Glücklicherweise betrat dann schließlich ein Techniker mit Mikrofon die Bühne und erklärte, dass es ein technisches Problem gäbe und die Show gleich weitergehen würde. Und dem war auch so.
Das Licht erlosch und Ghost kehrten für die tolle Ballade „He Is“ wieder zurück. Zum anschließenden „Miasma“ wurde eine ältere Version von Papa Emeritus in einem Sarg hereingerollt. Und auch der Techniker von vorher kam wieder zum Einsatz. Diesmal mit einem Defibrillator, mit welchem er Papa wiederbelebte. Dieser versuchte sogleich, den armen Techniker zu erwürgen. Doch dann wurde Papa Emeritus ein Saxophon in die Hand gegeben, mit welchem er ein wahrhaft tolles Solo zum Besten gab. Um anschließend wieder tot in seinen Sarg zu fallen. Diese augenzwinkernde Showeinlage sorge für viel Erheiterung. Vor allem auch, weil der echte Papa Emeritus IV genau im letzten Moment wieder zurückkam und die Situation belustigt beobachtete.
Passend zum harten „Mummy Dust“ wurde goldenes Konfetti in die Luft geblasen. Nach „Kiss the Go-Goat“ kündigte Papa Emeritus IV dann aber leider auch schon das Ende der Show an. Er bedankte sich ausgiebeig bei allen Mitwirkenden und dabei vor allem bei den Fans für ihr Kommen. Direkt danach kam dann das tolle Metallica-Cover „Enter Sandman“, welches natürlich wieder begeistert mitgesungen wurde. Das war aber nichts im Vergleich zum unfassbaren Schlussdoppel „Dance Macabre“ und „Square Hammer“.
Eine derartige Atmosphäre können wohl nur sehr wenige Bands erreichen. Einfach grandios! Hier konnte keiner mehr stillstehen. Zu den Klängen des Outros verabschiedeten sich Ghost dann im Funkenregen von den Fans. Allerdings nicht ohne anzudeuten, dass sie hoffentlich bald wieder kommen würden.
Man kann sich kaum vorstellen, wie sehr sich Ghost noch steigern werden, wenn sie so weitermachen. Dann werden sie es beim nächsten Mal auch bestimmt schaffen, die ganze Olympiahalle zu füllen.
Vielen Dank für diesen unvergesslichen Abend und auf jeden Fall bis zum nächsten Mal!
Weitere Fotos des Abends findet ihr auf unserer Metal Affair Facebook-Site und bei The Discovered Land.
Bericht: Lilly, Raphael