Manche Bands sollte man nicht nach dem ersten Höreindruck bewerten. Fand ich Tanzwut beim ersten Reinhören noch recht langweilig, sollte ich heute Abend in der Backstage Halle eines besseren belehrt werden.
Harpyie
Doch als erstes waren die Bielefelder Harpyie an der Reihe. Beim ziemlich coolen Intro wurden alle Bandmitglieder einzeln vorgestellt, als sie wie Gladiatoren in die Arena einzogen. Passend dazu gab es das Gladiatoren-Stück „Blut und Spiele“. Der harte, aber immer melodische Folk Metal kam beim Münchner Publikum sofort gut an und die Band animierte das Publikum schnell zum Mitklatschen.
Später gab es dann auch noch ein vom Publikum dargestelltes Meer zu „Seemann Ahoi“, was das Stück ziemlich gut untermalte. Besonders gut wirkten aber eingängige Lieder wie „Berserker“, bei der das „Ber-, Ber-, Berserker!“ im Refrain von der ganzen Halle mitgesungen wurden. Doch auch der Humor kam bei Harpyie nicht so kurz. Denn Witze über die ja angeblich nicht existierende Heimatstadt Bielefeld der Band blieben dabei natürlich nicht aus.
Zum letzten Stück „Löwenherz“ stellte ein Fan ein Simba-Kuscheltier (aus König der Löwen) auf die Bühne und Frontmann Aello die Windböe fragte: „Wie heißt der nochmal? Ach ja genau, Sigrid!“, und löste damit viel Gelächter im Publikum aus. Doch nach 45 Minuten war es dann auch schon wieder vorbei.
Tanzwut
Während der Umbaupause hallten dann schon „Tanzwut, Tanzwut“-Rufe durch die Halle. Als die Band dann mit „Herrenlos und frei“ loslegte, war die Stimmung sofort auf dem Höhepunkt. Während einige Songs in der Studioversion noch recht langweilig klingen, hauchte die energetische Live-Performance den Liedern Leben ein!
Gleich zu Beginn freute sich die Band über bekannte Gesichter in den ersten Reihen. Doch der Frontmann spekulierte darüber, dass das daran liege, dass sie bereits bei ihm, also dem Teufel persönlich, einen Pakt unterschrieben hätten. Das darauffolgende „Schreib es mit Blut“, von der ganzen Band außer dem Sänger mit Perchtenmasken gespielt, war dann ein erster Höhepunkt des Konzertes, der die perfekte Mischung aus Härte und Melodie bot.
Mit dem elektrolastigen „Auferstehung“ gab es dann ein ziemlich sperriges, altes Stück zu hören. Doch der Engelsgesang im Refrain begleitet von den Dudelsäcken, die bei diesem Stück auch vom Teufel gespielt wurden, lockerte das Stück ziemlich gut auf. Später gab es dann auch den Titeltrack des aktuellen Albums „Seemannsgarn“ zu hören, den der Teufel für seine Tochter geschrieben hatte, die ihm oft seine Erzählungen von den Touren der Band nicht glaubte.
Auch das harte „Bruder Leichtsinn“, bei dem der verzerrte Gesang des Teufels, der ihm ein Alleinstellungsmerkmal in der Mittelalterrock-Szene gibt, besonders herausstach. Doch auch fröhliche, eingängige Stücke wie „Reicher als ein König“ durften natürlich nicht fehlen. Zum düsteren „Reiter ohne Kopf“ traten die Bandmitglieder als kopflose Skelette auf. Sehr atmosphärisch!
Als unerwarteter Hit entpuppt sich dann „Das Gewissen“, bevor mit „Die letzte Schlacht“ leider auch schon der letzte Song des Abends angekündigt wurde. Doch die lauten Zugaberufe lockten Keyboarder Alexius schnell wieder auf die Bühne zurück, der das Orgelintro zum auf dem gleichnamigen Stück von Bach basierenden, epischen „Toccata“ einleitete.
Anschließend gab es noch das starke Die Ärzte-Cover „Bitte, bitte“. Zur Freude der Fans spielten Tanzwut auch noch „Der Wächter“. Beim atmosphärischen Instrumental/Outro „Hymnus Cerberi“ stellte die komplette Band mit überdimensionalen leuchtenden Streichinstrumenten das Cover des aktuellen Albums nach!
Und so beendeten Tanzwut nach fast 2 Stunden ihre überraschend gute Show.
Nach diesem Abend kann man zweifellos sagen, dass man diese Band live erlebt haben sollte, auch wenn einem die Musik auf den ersten Blick nicht so zusagt.
Weitere Bilder des Abends findet ihr hier.
Review: Raphael
Photos: Yvonne Schwarzbauer